13. Außenpolitik 1922-1929
Außenminister von 1923 bis 1929
Gustav Stresemann antwortet auf ein Brief des preußischen Kronprinzen, der Bedenken äußert zum beabsichtigten Eintritt Deutschlands in den Völkerbund
Aus der Antwort Dr. Stresemanns vorn 7. September 1925:
... Zu der Frage des Eintritts in den Völkerbund möchte ich folgendes bemerken: die
deutsche Außenpolitik hat nach meiner Auffassung für die nächste, absehbare Zeit drei große Aufgaben:
Einmal die Lösung der Reparationsfrage in einem für Deutschland erträglichen Sinne und die Sicherung des Friedens, die die Voraussetzung für eine Wiedererstarkung Deutschlands ist.
Zweitens rechne ich dazu den Schutz der Auslandsdeutschen, jener zehn bis zwölf Millionen Stammesgenossen, die jetzt unter fremdem Joch in fremden Ländern leben.
Die dritte große Aufgabe ist die Korrektur der Ostgrenzen: die Wiedergewinnung von Danzig, vom polnischen Korridor und eine Korrektur der Grenze in Oberschlesien.
Im Hintergrund steht der Anschluß von Deutsch-Osterreich.. .
Wollen wir diese Ziele erreichen, so müssen wir uns aber auch auf diese Aufgaben konzentrieren. Daher der Sicherheitspakt, der uns einmal den Frieden garantieren und England, sowie ... Italien
als Garanten der deutschen Westgrenze festlegen soll. Der Sicherheitspakt birgt andererseits in sich den Verzicht auf eine kriegerische Auseinandersetzung mit Frankreich wegen der Rückgewinnung
Elsaß-Lothringens...
Die Sorge für die Auslandsdeutschen spricht für den Eintritt in den Völkerbund ... Die Bedenken, daß wir im Völkerbund überstimmt werden, gehen von der falschen Voraussetzung aus, daß es in
diesem Völkerbundsrat, der die Entscheidung hat, eine Überstimmung gibt. Die Beschlüsse des Völkerbundsrats müssen einstimmig gefaßt werden ...
aus: Michalka, W./Niedhart, G.: Die ungeliebte Republik. [dtv-Dokumente 2918], München 1980, S. 162 ff
Demgegenüber müssen wir Nationalsozialisten unverrückbar an unserem außenpolitischen Ziele festhalten, nämlich dem deutschen Volk den ihm gebührenden Grund und Boden auf dieser Erde zu sichern. Und diese Aktion ist die einzige, die vor Gott und unserer deutschen Nachwelt einen Bluteinsatz gerechtfertigt erscheinen läßt...
A. Hitler, Mein Kampf, München (1925/26) Ausgabe 1934, S. 739.
Damit ziehen wir Nationalsozialisten bewußt einen Strich unter die außenpolitische Richtung unserer Vorkriegszeit. Wir setzen dort an, wo man vor sechs Jahrhunderten endete. Wir stoppen den ewigen Germanenzug nach Süden und Westen Europas und weisen den Blick nach dem Land im Osten. Wir schließen endlich ab die Kolonial- und Handelspolitik der Vorkriegszeit und gehen über zur Bodenpolitik der Zukunft.
Das Riesenreich im Osten ist reif zum Zusammenbruch. Und das Ende der Judenherrschaft in Russland wird auch das Ende Russlands als Staat sein. Wir sind vom Schicksal ausersehen, Zeugen einer Katastrophe zu werden, die die gewaltigste Bestätigung für die Richtigkeit der völkischen Rassentheorie sein wird.
A. Hitler, Mein Kampf, München (1925/26) Ausgabe 1934, S. 742.
1) Vergleiche die außenpolitischen Ziele Gustav Stresemanns mit denen Adolf Hitlers. Welche Folgen dürfte die jeweilige Außenpolitik für Deutschland und die Welt haben?
Gustav Stresemann will erst einmal Deutschland
außenpolitisch besseres aussehen lassen, er will zeigen, dass sich in Deutschland ein Wandel vollzieht. Gleichzeitig stellt er aber auch drei Hauptziele für Deutschland (Eintritt in
Völkerbund, Grenzen festlegen usw.), die er durch Verhandeln und Verträge erringen will.
Adolf Hitler hingegen sieht es als gottgegeben an, Deutschland wieder territorial zu vergrößern. Er möchte Deutschland zu seiner früheren Blüte zurückführen und seine östliche Grenzen kriegerisch erweitern.
Ergebnisse der Politik Stresemanns:
1925 Vertrag von Locarno:
Deutschland verzichtet endgültig auf Elsass-Lothringen. Man behält sich friedliche Revision der Ostgrenze vor.
GB, I, B, D, F garantieren den Vertrag
1924 Dawes-Plan Reparationszahlungen auf 2 Mrd. RM jährlich begrenzt. D erhält eine
Finanzspritze (800 Mill. $) zur Belebung der Wirtschaft
1925 Franzosen räumen das Ruhrgebiet
1926 Dtld. wird Mitglied im Völkerbund (internationale Anerkennung)
1926 Neutralitätspakt mit der Sowjetunion (SU)
1929 Young-Plan: 1-2 Mrd. RM jährlich bis 1988 (Reparationen)
1930 vorzeitige Räumung des Rheinlandes d. die Franzosen
1932 Reparationen mit Endzahlung von 3 Mrd. RM abgeschlossen